Dies ist der erste Beitrag zum Thema "Harmonielehre", ein neuer Kurs mit
der Zielsetzung ein grundlegendes musikalisches Verständnis harmonischer
Zusammenhänge zu schaffen, und die Fähigkeit zu fördern,
beliebige Kompositionen aus den unterschiedlichsten Musikrichtungen zu analysieren
und zur eigenen Weiterverarbeitung oder Ideenfindung einzusetzen.
Ich werde versuchen die Beiträge systematisch aufeinander aufbauend
zu gliedern, stets begleitet von praktischen Beispielen, um den Pfad der
trockenen Theorie stets so flach wie möglich zu halten.
Ich wünsche euch, dass ihr die gleiche Begeisterung zu dem Thema entwickelt
wie ich. Das Thema Harmonielehre war für mich lange Zeit ein Buch mit
7 Siegeln. Damals im Keyboardunterricht hatte ich nie verstanden, was es
mit Begriffen wie "Terz" oder "Dominante" auf sich hat
bzw. wozu das gebraucht wird. Erst Jahre später habe ich festgestellt,
dass Harmonielehre faszinierend sein kann und auch nicht schwer ist, wenn
man die ersten Grundbegriffe mal verstanden hat und eine gewisse Portion
musikalisches Talent mitbringt.
Musik ist ein großes Gebiet, dass sich aus vielen verschiedenen Teilen
zusammensetzt. Wir behandeln hier nur die konkrete Harmonielehre, insbesondere
lässt dieser Kurs folgende Themen komplett außen vor:
Notenschrift
Die technische Umsetzung auf ein konkretes Instrument
Rhythmiklehre
Insbesondere möchte ich auf die Bedeutung der Rhythmiklehre hinweisen. Sie
ist neben der Harmonielehre das von (Hobby-) Musikern am meisten vernachlässigte
Gebiet. Ich kann nur jedem empfehlen, sich auch damit zu beschäftigen, da
viele der hier vorgestellten Techniken und Konzepte erst durch den Einsatz
verschiedener Rhythmen ihre wahre klangliche Vielfalt offenbaren. Ein sehr
gutes Buch ist z.B. "Eddy Marrons Rhythmiklehre", erschienen im AMA Verlag.
An wen richtet sich dieser Kurs?
an Leute, die bereits ein Instrument spielen, aber von Harmonien bzw
vom Komponieren keine Ahnung haben und wissen wollen, wie denn Musik
im Ganzen als harmonische Einheit zusammenhängt und welche Möglichkeiten
es gibt, Akkorde zu verknüpfen, zu variieren und zu ersetzen, sowie
die passenden Tonleitern für Akkorde, oder die passenden Melodien zu
finden.
all jene, die ihr Gehör bilden wollen und somit später in
der Lage sind, beliebigen Stücken einen Kompositionstil zuzuordnen
(verwendete Tonart, Art der Akkorde..)
Die Bedeutung eines guten Gehörs soll besonders hervorgehoben werden: Gerade viele
Gitarristen denken nur in sog. "Patterns": Sie wissen lediglich, welchen Finger sie auf
diesen und jenen Bund setzen können damit es "passt", ohne dem Gehör vorher wirklich klar
zu machen, wie es denn eigentlich klingen soll, bevor sie in die Saiten hauen.
Musiker, die sich ausschließlich auf diese Methode beschränken, werden leider kaum fähig
sein, halbwegs gutklingende Soli oder Improvisationen abzuliefern. Sie drehen sich häufig
im Kreis und sind nicht wirklich in der Lage, sich weiterzuentwickeln. Jazzmusiker z.B.
wissen ganz genau, wie ein Ton oder Akkord klingt, bevor sie ihn anschlagen. Gerade deswegen
sind die allermeisten von ihnen ausgezeichnete Improvisationskünstler.
Nun, wie lernt man so etwas? So doof das jetzt auch klingt und so sehr man sich dabei
auch schämen mag: Mitsingen! Probiert doch mal die gute alte C-Dur-Tonleiter auf- und
abwärts zu spielen und dabei die Töne mitzusingen. Wenn ihr das nach dem x ten Anlauf
hinbekommen habt, legt euer Instrument beiseite, nehmt es in 10 min wieder zur Hand und
macht das Gleiche noch einmal. Aber probiert zunächst vorher, den ersten
Ton, also das C, anzusingen. Nicht anschlagen vorher! Na?
Der Einstieg
Als Basis für alles weitere werden wir uns an der C-Dur-Tonleiter orientieren
und uns hierbei auf die klassische westliche Harmonielehre mit 12 Halbtönen
beschränken. Man überlege sich z.B. verschiedene, orientalische Zupfinstrumente.
Auf diesen gibt es auch Vierteltonabstände, während der kleinste Schritt
unserer westlichen Instrumente ein Halbtonschritt ist. Vierteltöne können
zwar künstlich erzeugt werden (z.B. mit dem Modulationsrad bei Tasteninstrumenten
oder durch Saitenziehen bei Gitarren) werden jedoch in der klassischen Harmonielehre
nicht zur Bildung von Akkorden oder Tonleitern herangezogen.
Ich weiß, jetzt denkt mancher wohl C-Dur ist langweilig und altbekannt,
sowieso finden wir alle Moll viel geiler als Dur, erinnern wir uns doch
gerne an dieses wunderbar primitive Kinderliedchen, welches auf der einfachen,
aufsteigenden C-Dur-Tonleiter besteht. Stop Männers: Wir werden später noch
sehen, dass die Dur-Tonleiter absolut wichtig und fundamental ist, egal
ob ihr euch für Rock, Schlager oder Elektronische Musik interessiert!
Die C Dur Tonleiter:
Töne der C-Dur Tonleiter: C D E F G A B / C' D' E' F' G' A' B' /
C''...
Jede Dur-Tonleiter besteht aus 7
Tönen, wobei der 8. Ton wieder ein C ist, welches genau eine
Oktave (also 13 Halbtöne) über dem ersten C liegt.
Die Oktave wird mit C' gekennzeichnet,
die Oktave der Oktave mit C'' usw.
Ich halte mich an den internationalen
Standard, der das B anstelle des H verwendet.
Zur Identifikation der Intervalle
und zur späteren Akkordbildung der einzelnen Stufen werden die Töne
aufsteigend durchnummeriert:
C D E F G A B C'
1 2 3 4 5 6 7 8
Dabei entsprechen die Ziffern folgenden Intervallen (Intervalle bezeichnen
den Abstand zwischen zwei Tönen, hier den Abstand zum Ton C):
Eine einfache Dur Tonleiter setzt sich also immer aus den oben genannten
Intervallen zusammen!
Als erste Übung würde ich vorschlagen,
sich mit der C-Dur-Tonleiter vertraut zu machen. (Alle Übungen
sollten rhythmisch in geraden Achteln gespielt werden, nehmt immer
ein Metronom zur Hand oder spielt zu einem einfachen 4/4 Beat) Hierzu
kann man wie folgt vorgehen:
Einfaches Auf- und Abspielen der Tonleiter über eine Oktave und
dabei versuchen, jeden einzelnen Ton mitzusingen (achtet auf den
richtigen Fingersatz!).
Auf mehrere Oktaven ausdehnen.
den Klang der verschiedenen Intervalle einprägen,
indem der Grundton(C) immer mit dem nächsten Intervall abgewechselt
wird.
Formel:
1-1, 1-2, 1-3, 1-4, 1-5, 1-6, 1-7, 1-8
und das Ganze gegebenfalls rückwärts:
8-1, 7-1, 6-1, 5-1, 4-1, 3-1, 2-1, 1-1
Weitere Möglichkeiten:
1-3 2-4 3-5 4-6 5-7 6-8
und das Ganze wieder rückwärts:
8-6 7-5 6-4 5-3 4-2 3-1
Eine einfache Beispielmelodie:
1-8-5-3 -- 1-7-5-3 -- 1-6-5-3 -- 4-3-4-5
-- 6-7-8
Probiert weitere Melodien selbst zu finden und versucht, immer
mit den Tönen 1(C), 3(E), 5 (G) und gegebenfalls 7(B) zu starten
oder zu landen! (Erläuterung hierzu im nächsten Beitrag)